250 Jahr-Feier St. Martin Kirche

Am Sonntag, 3. Oktober 2004 um 10 Uhr fand derFestgottesdienst zur 250-Jahr Feier mit Altabt Vitalis Alttaler OBS aus Ottobeuren statt.

Vor 250 Jahren wurde die Pfarrkirche St. Martin barockisiert

Natürlich hat es in Sachsenried schon früh eine gemauerte Kirche gegeben. Der untere Teil des Turmes stammt noch aus romanischer Zeit. Vom gotischen Kirchenbau haben sich Teile der Mauern im Chorraum und im Langhaus erhalten, dazu von der damaligen Innenausstattung die kostbare Muttergottes im nördlichen Seitenaltar, die Figuren des hl. Martin und des hl. Nikolaus (alle Ende des 15. Jahrhunderts) sowie das eindrucksvolle Kreuz an der Nordwand des Langhauses (um 1550).

In den Jahren 1744 bis 1746 ließ das Füssener Benediktinerstift, Patronatsherr in Sachsenried, die Kirche vergrößern und zwei Jahre später mit einem neuen Dach versehen. Mit der Neugestaltung des Kircheninneren beauftragte Abt Gallus Zeiller, der das Kloster von 1750 bis 1755 regierte, zwei bedeutende Künstler.

Die Stuckarbeiten und den Bau der Altäre übertrug er Joseph Fischer von Faulenbach bei Füssen, einem ausgezeichneten Stukkateur, der wegen seiner vorzüglichen Stuckmarmorarbeiten bekannt war. Seine außerordentlichen künstlerischen Fähigkeiten beweisen auch die Arbeiten in Sachsenried. In den Rechnungen von 1753 heißt es: "Am 14. Oktober Herrn Joseph Fischer, Stukkator von Faulenbach, für einen neuen Choraltar und für die ganze Kirche ausstukkieren von der akordierten Masse göben 400 fl." Für die beiden Seitenaltäre reichte das Geld nicht mehr. Sie wurden erst 1761 erstellt.

Ihren künstlerischen Rang verdankt die Sachsenrieder Kirche vor allem den Fresken von Franz Anton Zeiller (1716-1794) aus Breitenwang bei Reutte. Nach dem Tod des Vaters 1721 nahm ihn der mit ihm verwandte Maler Paul Zeiller in Reutte, der bereits zehn Kinder hatte, wie einen Sohn in der Familie auf. Von Paul Zeiller und dessen Schwiegersohn Balthasar Riepp erhielt er ab 1730 den ersten Malunterricht. Nach dem Tod Paul Zeillers im Jahre 1738 ging er nach Augsburg und lernte bei dem berühmten Johann Evangelist Holzer und nach dessen Tod bei Gottfried Bernhard Göz (Göz hat das hervorragende Hochaltargemälde in der Heilig-Geistkirche in Schongau gemalt).

Zur Erweiterung seines Horizonts und zum Abschluss seiner künstlerischen Ausbildung reiste der 26-jährige Zeiller 1742 nach Rom und blieb zwei Jahre. 1744 hielt er sich kurz in Bologna auf und kam dann nach Venedig, wo er von den berühmtesten Künstlern dieser Zeit wie Sebastiano Ricci, Canaletto, Francesco Guardi, Giovanni Battista Pittoni und Giovanni Battista Tiepolo zu lernen suchte.

Als er 1749 nach Reutte zurückkehrte, war sein erspartes Geld längst aufgebracht und er musste Schulden machen. In seinem Gepäck hatte er unzählige Skizzen, im Kopf eine unendliche Fülle von Anregungen, dazu ein vollendetes technisches Können. Ein vornehmer Gönner unterstützte ihn damals "wegen seines unermüdlichen Fleißes und Eifers". Zunächst arbeitete Zeiller bei Gottfried Bernhard Göz in der Birnau am Bodensee. 1751 ließ Abt Gallus Zeiller ihn ein Ölgemälde für die Decke der Magnuskapelle in der Füssener Klosterkirche malen. Mit dem Ergebnis war er so zufrieden, dass er dem 36-jährigen Meister das Hochaltarbild und die Fresken in Sachsenried übertrug. Auf diesen ersten selbständigen Auftrag bereitete sich der Künstler gründlich vor.

Nun konnte er zeigen, was er in Italien gerlernt hatte, wie souverän er sämtliche Techniken beherrschte und sich mit den Besten seines Faches messen konnte. Er fertigte verschiedene Skizzen für das Chorfresko und ein sorgfältig ausgearbeitetes Ölbild für das Langhausfresko an, dazu Entwürfe für das Hochaltargemälde, die Bilder der Apostel und Kirchenväter.

Für sämtliche Arbeiten erhielt er 260 Gulden. Sein Farbenreiber bekam 7 Gulden und 18 Kreuzer als Lohn, dazu beim Wirt 15 Wochen lang freie Kost und Wohnung. Pro Woche 1 Gulden und 4 Kreuzer, insgesamt also 16 Gulden.

Am unteren Bildrand des Chorfreskos malte Zeiller Sachsenried mit Kirche und Friedhofsmauer, dazu sieben Bauernhöfe mit kleinen Balkonen, umzäunten Gemüsegärten und Wiesen sowie den stattlichen Maierhof des Klosters mit weitgeöffneter Scheune und einem Pumpbrunnen. Vor dem Haus schiebt ein Knecht den Mistkarren, und der Klostermeier in vornehmer Kleidung geht zur Hauptstraße.

Die Sachsenrieder waren von den Fresken begeistert und führten den "Herrn Franz Anton Zeiller, Maler" mit zwei Pferden nach Füssen zurück. Die Arbeiten in Sachsenried brachten für Zeiller den künstlerischen Durchbruch. 1755 malte er zwei Altarbilder und die Deckenfresken für die Pfarrkirche in Stams, und dann erhielt er zusammen mit Johann Jakob Zeiller (1708-1783) einem Sohn seines Pflegevaters Paul Zeiller, einen der bedeutensten Aufträge der damaligen Zeit, die Fresken in der Klosterkirche in Ottobeuren. Die beiden Künstler arbeiteten dort von 1757 bis 1760; Franz Anton Zeiller porträtierte sich in der gleichen Kleidung wie auf dem Langhausfresko in Sachsenried.

Von jetzt an gab es kein Jahr ohne Aufträge, er wurde Hofmaler in Brixen und war unermüdlich tätig, bis er 1794 im Alter von 78 Jahren in Reutte an Herzwassersucht starb.

Die Pfarrkirche in Sachsenried wurde 1754 endgültig fertiggestellt. Der Turm musste ein neues Dach bekommen, vor die großen Fenster kamen Schutzgitter und der Schreiner Jörg Pez  aus Schwabbruck machte den Rahmen zum Hochaltarbild sowie die Quasten am Schalldeckel der Kanzel und das Flammenschwert des hl. Michael mit der (bei der Renovierung verkehrt eingesetzten) Waage.

Die Sachsenrieder hüten ein kostbares Erbe und pflegen es mit Sorgfalt.

 

Dr. Karl Pörnbacher